Eine Holzschule von tausend Schülern wurde in der Stadt Limeil-Brévannes in der nähe von Paris fertig gestellt. Im Schulzentrum mit einer Geschossfläche von 9500 m2 befinden sich drei Kindergärten bzw. Vorschulen und zwei Grundschulen. Das größte Schulzentrum aus Holz in Frankreich wurde von der französischen Architektin Véronique Klimine und dem in Grenoble arbeitenden finnischen Architekten Olavi Koponen zusammen entworfen. Es war ihr erstes gemeinsames Vorhaben.
Laut Koponen forderte die Stadtverwaltung, dass das Schulzentrum aus Holz gebaut würde. Der öffentliche Holzbau ist in Frankreich am wachsen, was mit Diskussionen über die Eindämmung des Klimawandels, die Energieeffizienz des Bauens und die Emissionen des Bauens zusammen hängt. Laut dem Erbauer des Schulzentrums beruht die Wettbewerbsfähigkeit des Holzbaus im Vergleich zum traditionellen Bauen auf der schnellen Installation der Holzelemente auf der Baustelle. Das Wahrzeichen des Schulgebäudes ist ein hoher Turm in Dreieckform, der mit dem Werk Merenneito ja mustekala (Die Meerjungfrau und der Tintenfisch) des finnischen Künstlers Lauri Ahlgren verziert ist.
Die Stadt wollte eine Holzschule
Als Besteller des Schulzentrums nahm die Stadt ein Nullenergiehaus als Mindestziel und ließ die Möglichkeit offen ein Plusenergiehaus, das Energie über den eigenen Bedarf hinaus produziert, zu bauen. Die Gelegenheit wurde genutzt und aus dem Gebäude entstand ein Plusenergiehaus. Das Schulzentrum Pasteur Limeil-Brévannes wurde nach dem “Conception-Construction” Verfahren durchgeführt, d.h. so, dass Bewerber Pläne und Bauarbeiten zu einem festen Preis anbieten. Die Verantwortung über das ganze Angebot trägt das Architekturbüro.
Laut Olavi Koponen hatte die Stadtverwaltung von Anfang an eine zentrale Rolle in der Entscheidung das Schulgebäude aus Holz zu bauen.
– Der Bürgermeister wollte Holz als Baumaterial und dieser Wunsch wurde schon im Zusammenhang mit der Bekanntmachung des Wettbewerbs geäußert. In Frankreich sind Energieeffizienz und Umweltfreundlichkeit des Bauens wichtige Faktoren im öffentlichen Bauwesen. Die anderen Bewerber boten eine Grundstruktur aus Beton an während wir Holz schon für die Strukturen des Gebäudes verwenden wollten, schildert Koponen.
– Die Arbeiten verliefen nach einem straffen Zeitplan, was ständig schnelle Entscheidungen erforderte. Wenn das Büro verspätet war, wurden die Entscheidungen an der Baustelle getroffen, beschreibt Koponen. Unsere anspruchsvolle und zentrale Aufgabe als Architekten war es, die Anforderungen der Ingenieure und der Vorschriften zu koordinieren und im Gebäude realisierbar zusammenzuführen. Die Arbeit am Gebäude dauerte vom Anfang der Planungsarbeit bis zum Bauende insgesamt 18 Monate.
Die Bauarbeiten wurden in einem Jahr durchgeführt
Das Schulgebäude hat 2-3 Geschosse und alle Hohldielenelemente wurden Installationsfertig an die Baustelle geliefert. Die deutsche Holzbau Amann GmbH war der Holzteil- und Systemlieferant für das Gebäude und auch der Bauherr des Vorhabens. Zusätzlich besitzt das Bauunternehmen den Holzelementhersteller Lignotrend.
– Die größte Herausforderung in diesem Vorhaben war die kurze Bauzeit, sagt Projektleiter Tobias Döbele der Holzbau Amann GmbH. Innerhalb von einem Jahr haben wir alle technischen Strukturlösungen und die Schalldämmung anhand der Architektenpläne realisiert und haben die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen teilnehmenden Unternehmen erst auf technischer Ebene und dann auf der Baustelle ermöglicht.
Das Herstellen der Holzelemente innerhalb kurzer Zeit war laut Döbele herausfordernd, aber die Aufgabe wurde dadurch gelöst, dass täglich in zwei bis drei Schichten gearbeitet wurde. Auch der Transport der Holzteile aus der Fabrik in Deutschland an die Baustelle war eine Herausforderung.
– Wir wollten die Elemente immer zur rechten Zeit am rechten Ort haben so, dass sie sozusagen direkt aus dem Lastwagen installiert werden konnten. Während ein LKW beladen wurde, war ein Anderer auf dem Weg. So ging weder im Transport noch in den Installationsarbeiten Zeit verloren, beschreibt Döbele die logistischen Herausforderungen des Bauens.
Der Schwerpunkt der Arbeit lag in der Vorfertigung
Die Geschossfläche des Schulzentrums beträgt 9500 m2 (100 x 150 m) und es ist das größte Gebäude in Frankreich das mehrere Schulen umfasst. In der verwirklichten Lösung wurde Beton nur an den Stellen, wo das Gebäude teils mit dem Erdboden in Berührung kommt, und in den Aufzugsschächten verwendet. Sonst besteht das Gebäude aus Holz, die Zwischen- und Oberböden sind Holzelemente von Lignotrend. Die Elemente bestehen aus einer Grundstruktur aus Massivholz und Hohldielen aus Holz, in die die Haustechnik, der Strom und die Internetverbindungen installiert wurden. Die größte Spannweite zwischen Holzelementen beträgt im Schulzentrum neun Meter. In den Zwischenböden wurde Betonguss und Sand als Schalldämpfer verwendet. Die Fassade ist aus Lärche gebaut und wurde mit Anti-Graffiti-Beschichtung behandelt.
– Die Wettbewerbsfähigkeit und die Vorteile dieser Bauweise im Vergleich zum traditionellen Ziegel- oder Betonbau beruhen darauf, wie schnell die Holzelemente auf der Baustelle installiert werden können. Der Schwerpunkt der Arbeit versetzt sich beim Holzbau in die Fabrik und in die industrielle Vorfertigung, sagt Tobias Döbele.
– Dies setzt voraus, dass die Technischen Einzelheiten und andre Fragen mit den Architekten und Zulieferern vor dem Herstellen der Elemente und dem Anfang der eigentlichen Bauarbeiten gelöst werden.
Die Baubranche befindet sich im Umbruch
In Frankreich wird über Möglichkeiten zur Eindämmung des Klimawandels und die Energieeffizienz und die Emissionen des Bauens diskutiert. Koponen glaubt, dass es beim Bauen zu einem großen Strukturellen Wandel kommt, sobald die Energieeffizienzanforderungen der EU voll in Kraft treten.
– Jetzt, wo in Frankreichs neuer Regierung dieselbe Ministerin für Umwelt und Wohnen zuständig ist, wird erwartet, dass Umweltfragen im Bauen immer mehr Gewicht bekommen, meint Koponen.
Große Bauunternehmen in Frankreich bauen traditionell aus Beton und beschaffen die notwendigen Sachkenntnisse im Holzbau und Tischlererzeugnisse aus externen Quellen. Bisher wurden aus Holz hauptsächlich Kleinhäuser und Schulen gebaut. Auch in Turnhallen und Kindergärten wurde viel Holz verwendet, besonders in den französischen Alpen, wo Holzbau eine lange Tradition hat. Jetzt fängt man an auch Hochhäuser aus Holz zu bauen.
– Diskussionen über Energieeffizienz und CO2-Fußabdruck werden dem Holzbau in der Zukunft Schwung geben, wobei es sich um eine wichtige strategische Aussage handelt, meint Koponen. Die Umweltverträglichkeit des Bauens, Energieeffizienznormen und die steigenden Betonpreise führen dazu, dass mit Holzbau Mittel gespart werden, die woanders für Betonbau verwendet werden können. Das heißt, dass jedes Bauunternehmen eine gewisse Anzahl an emissionsarmen und energieeffizienten Gebäuden bauen müssen, wenn sie zusätzlich weiter mit Beton bauen wollen.
Koponen erinnert daran, dass Strukturen beim Holzbau während des Bauens gut gegen Wetter geschützt werden müssen. – Bei Betonbauten gab es viele große Schäden durch Feuchtigkeit in den Betonstrukturen. Die Baustelle muss beim Holzbau besser organisiert werden, aber die Schnelligkeit und Leichtigkeit des Bauens nützen allen.
Holzbau verbreitet sich im Bauen von Hochhäusern
– Für uns ist Holzbau eine Selbstverständlichkeit, weil wir Tischler sind und aus einer Waldregion stammen. Holzbau ist kein ideologisches Thema, sondern aus unserer sicht ganz natürlich, sagt Tobias Döbele.
– Holzbau ist deutlich am wachsen und dieses Wachstum betrifft in der Zukunft besonders Holzhochhäuser und andererseits auch architektonisch vielfältiges öffentliches Bauwesen, wofür das in Metz von uns verwirklichte Centre Pompidou ein gutes Beispiel ist.
Das Unternehmen hat außer dem Centre Pompidou u.a. einen Ausstellungsraum mit anspruchsvollem gebogenen Brettschichtholz für das Modehaus Hermès in Paris gebaut.
– Das Hermès-Projekt war eher Innenarchitektur als eigentlicher Holzbau. Das Verwenden von Holz in Ausstellungsräumen und Regalen der Läden ist Teil des Menüs einer Luxusmarke, und in dem erwähnten Fall wurde Holz noch umfassender angewendet.
Sachkenntnisse im Holzbau als Visitenkarte für Architekturbüros
Architektin Véronique Klimine, Teilhaberin des Architekturbüros r2k-architects, erzählt, dass die Einstellung zum Holzbau in Frankreich sich in eine positive Richtung entwickelt hat. Das Büro hat in Grenoble, wo man mehr aus Holz bauen will, eine Schule und eine Turnhalle entworfen. Klimine bedauert, dass in ihrer Region keine Industrie für Holzteile oder Lieferanten von Holzbausystemen zu finden ist. Das in Grenoble verwendete Holz und die Holzbausysteme stammen aus Deutschland. Die Holzingenieurdienstleistungen für die Planung der Strukturteile beschafft das Büro extern.
– Ich will unserem Büro ein Holzbau-Image entwickeln und Holzbaufachkenntnisse ausstrahlen, sagt Klimine. Kenntnisse im Holzbau können von Architekturbüros als Visitenkarten verwendet werden. Weil es auf dem Markt des Holzbaus in Frankreich nicht viele Architekturbüros gibt, ist das neue Schulzentrum für uns eine gute Referenz über konzeptionelle Architektur. Wir denken jetzt, das wir glaubwürdige Akteure in der Holzbaubranche sind, überzeugt Klimine.
– Das Ergebnis hat unserem Selbstbewusstsein gut getan. Die Latte wurde von Anfang an hoch gelegt und wir waren kein Flop, das war sehr wichtig für uns. Unsere Glaubwürdigkeit im Holzbau hat sich verstärkt, schätzt Koponen.
Die Wachstumsmöglichkeiten des Holzbaus werden in Frankreich zum Beispiel im Sozialen Wohnungsbau, wo die Gemeinde das Grundstück bietet und das Vorhaben öffentlich finanziert wird, gesehen. Im selben Haus können sich Wohnungen aus dem sozialen Wohnungsbau, Mietwohnungen und Eigentumswohnungen befinden. Dort kann der Auftragsgeber, zum Beispiel die Gemeinde, bestimmen, wie viel Holz in den Gebäuden verwendet werden muss.
Artikel-Service / Markku Laukkanen
Zusatzinformationen:
Olavi Koponen, Architekt, +358 405000668, olavi.koponen@r2k-architecte.com
Véronique Klimine, Architekt, +33 476 12 25 30, veronique.klimine@r2k-architecte.com
Tobias Döbele, dipl.-Ing, +49 7755 920118, t.doebele@holzbau-amann.de