Der für den modernen Holzbau bekannte österreichische Architekt Hermann Kaufmann sagt, das die Finnen den Kontakt zur Tradition des Holzbaus verloren haben. ”Die Situation in Finnland ist jetzt so, wie sie vor ein paar Jahrzehnten in Österreich war. Jetzt muss die Evolution des Bauens gefördert und die Tradition des Holzbaus auch in Finnland weitergeführt werden. Dieser Wandel ist uns in Österreich gelungen, weil wir die Verbindung zu unserer starken Tischlertradition nicht verloren haben“, berichtet Kaufmann. ”Da Holzbau eine Zukunft hat, lohnt es sich, in die Qualität des Bauens und die Ausbildung zu investieren und den öffentlichen Sektor davon zu überzeugen, dass die Förderung des Holzbaus sowohl ökonomisch als auch ökologisch gerechtfertigt ist.“ Laut Kaufmann müssen in der Bauindustrie zukünftig mehr emissionsarme und erneuerbare Baumaterialien verwendet werden. ”Die Betonindustrie hat Angst vor dem Wandel und wünscht, dass im Holzbau Fehler gemacht werden. Wenn sie vernünftig und clever wäre, würde sie mit der Holzbauindustrie zusammenarbeiten.“
Obwohl Österreich für eine lange Tradition im Holzbau bekannt ist, war die neue moderne Welle des Holzbaus dort vor ein paar Jahrzehnten laut Kaufmann gar nicht selbstverständlich. ”Dafür mussten die Architekten hart arbeiten. Die Entwicklung der Holzbaukenntnisse in der Alpenregion ist das Ergebnis einer langen Handwerker- und Holzbautradition. Wir wollten die alte Tradition in die neuen Bauverfahren einbinden, als wir anfingen, neue, hochwertige und moderne Holzhäuser zu produzieren. Der Wandel und der neue Boom des Holzbaus fingen damit an, dass Menschen mit einer kompetenten Ausbildung die Möglichkeit der neuen Welle, Innovationen mit Traditionen zu verbinden, erkannten. So begannen wir mit einigen Unternehmen an, eine neue Holzbaukultur zu entwickeln.“
Das Bundesland Vorarlberg hat eine führende Rolle bei der Entwicklungsarbeit des Holzbaus in Österreich angenommen. ”Wir konnten die neue Denkweise auch den Gemeinden verkaufen, wo es uns gelungen ist, das politische Denken zu verändern“, erzählt Kaufmann. ”Jetzt ist Holz das erstrangige Material in öffentlichen Gebäuden, seien es Kindergärten, Schulen, Rathäuser oder zum Beispiel Feuerwachen. In den Gemeinden wurde auch der stärkende Einfluss des Holzbaus auf die regionale Wirtschaft eingesehen, weil das Material aus der eigenen Region stammt und die Weiterverarbeitung und das Bauen auch dort stattfinden. Warum sollte man Baumaterialien lange Wege transportieren?“
”Viele Menschen verstehen die Geschichte des Holzes nicht aus dem Blickwinkel, dass wir in unseren eigenen Wäldern viel Rohstoff haben und dass es für uns ökologisch vorteilhaft ist, aus Holz zu bauen“, betont Kaufmann. Weil es beim Holzbau um große lokale und nationale Interessen geht, haben wir Konferenzen und Seminare veranstaltet, sowie uns bemüht, Entscheidungsträger zu beeinflussen und Lobbying für den Holzbau gemacht.“
”Das Lobbying hat auch zu Ergebnissen geführt. Zum Beispiel in Österreich, in Deutschland und in der Schweiz wurde Holzbau gesetzlich auf dasselbe Niveau mit anderen Baumaterialien gestellt. Unser Ziel ist es, dass Brandschutzanforderungen dem Bauen von großen Gebäudekomplexen, wie Wohn-, Büro- oder Gewerbegebäuden, aus Holz nicht im Weg stehen“, erklärt Kaufmann
Holzbau hat eine Zukunft
Hermann Kaufmann ist in Finnland als Architekt bekannt, der ”aus Holz nachhaltig und schön baut, mit Menschen und für Menschen“. Er wurde in Finnland im Jahre 2010 mit dem Spirit of Nature -Preis ausgezeichnet. In der Begründung wird Kaufmann für ”Details seiner Arbeit, kompromisslose Verarbeitung und Funktionalität, Nachhaltigkeit und Anfassbarkeit, die nur durch eine nahtlose Zusammenarbeit zwischen Architekten und Bauunternehmern entstehen kann“ gelobt.
”In Finnland herrscht dieselbe Situation, die wir in Österreich vor ein paar Jahrzehnten hatten, obwohl das starke Können der Tischlertradition bei uns überlebte. Ihr habt die Verbindung zur Tradition des Holzbaus verloren. Holzbau hat Zukunft, und deswegen lohnt es sich jetzt in die Ausbildung zu investieren und den öffentlichen Sektor davon zu überzeugen, dass die Förderung des Holzbaus aus finanzieller Sicht und aus dem Blickwinkel der klimapolitischen Ziele vernünftig ist. Holz ist ein Material, mit dem man neue Möglichkeiten für die Zukunft der bebauten Umgebung schaffen kann. Gleichzeitig können wir gesunde und atmende Gebäude mit guter Raumluft bauen“, betont Kaufmann.
”Moderner Holzbau ist dem alten Holzbau weit voraus, der als veraltet und armselig galt”, berichtet Kaufmann. ”Durch die Entwicklung in der Vorfertigung können wir hochwertige und modifizierbare Gebäude bauen, die zu ihrer Umbebung passen. Jetzt müssen wir die Architekten über die Zukunft des Holzbaus überzeugen, weil gerade sie die Trends setzen und die bewährten Verfahren des neuen Bauens gestalten. Bei uns wird Holzbau als wertvolles Bauen empfunden, über dass wir stolz sind und dass wir überall vorführen wollen. ”
In Finnland muss man auf die Qualität des Holzbaus setzen
Grosse Forstunternehmen, wie Stora Enso und Metsä Wood, müssten nach Kaufmann unbedingt an der Entwicklungsarbeit des finnischen Holzbaus teilnehmen. ”Obwohl man der Förderung des Holzbaus gegenüber offen und dazu auch bereit ist, sind die Bauherren, Bauunternehmen und Planer nicht darauf vorbereitet. Jetzt muss die Evolution gefördert werden und keine Revolution angestrebt werden. Jetzt muss man langsam vorangehen, mehr Information und Erfahrung über Holzbau sammeln und vor allem hochwertig bauen. Unternehmen müssen die Bedingungen des Holzbaus berücksichtigen und auf der Basis das Können ihrer Mitarbeiter fördern und die Baustellenpraxis entwickeln. Sie müssen verstehen, dass ihnen noch ein langer Weg bevorsteht.“
Kaufmann denkt, dass Bauunternehmer zu oft Betonbau bevorzugen. ”Der Grund dafür ist das Problem des Holzbaus, dass Architektur- und Ingenieurbüros nicht genügend Informationen haben. Wenn ein Architekt sagt, dass Holzbau teuer und kompliziert ist, und ein Ingenieur sagt, dass es für Holzbau kein System gibt, tendiert der Auftraggeber dazu, Betonbau zu wählen. Es ist wichtig, diese Einstellung zu verändern und dies kann nur durch Vermehrung des Wissens gelingen.“
”Der öffentliche Sektor sollte sich für die Förderung des Holzbaus stärker einsetzen. Der beste Weg dafür ist, dass der öffentliche Sektor selbst mit Holz baut. Dadurch wird der Markt verstärkt und gutes Beispiel gegeben. ”
Jetzt werden vielseitige Experten des Holzbaus benötigt
Laut Kaufmann befindet sich der Holzbau in einem großen Umbruch, an dem Architekten, Planungsingenieure und Experten des Holzbaus beteiligt sind. ”Holzbau darf nicht nur bei den großen Bauunternehmen gefördert werden, sondern die Förderung muss die ganze Branche umfassen und authentisch sein“, betont Kaufmann.
Im deutschsprachigen Europa gibt es einige auf Holzbau spezialisierte Schulen und Fachschulen. Die bekanntesten sind die TU Graz in Österreich, die Fachhochschule Rosenheim in Deutschland, die Bieler Einheit der Berner Fachhochschule in der Schweiz und die Technische Universität München, deren Holzarchitekturabteilung von Kaufmann geleitet wird. ”Ausbildung wird auf allen Niveaus gebraucht, weil wir nie genug gute Fachkräfte haben. In Österreich ist es möglich, die Holzbauausbildung mit einer arbeitslebenorientierten Lehre zu beginnen und mit der Meisterausbildung weiterzumachen, um bis zum Hochschulniveau zu kommen. Vielseitige Sachkenner des Holzbaus haben ihr fundiertes Können durch Berufserfahrung und Ausbildung erreicht.
Zusammenarbeit zwischen Holz und Beton
Der wichtigste Faktor für den zukünftigen Fortschritt des Holzbaus ist laut Kaufmann das Anbieten verschiedener Systeme des Holzbaus und hochwertiger industriell vorgefertigter Elemente, die in der Zukunft mit mehr Versorgungstechnik, Türen und Fenstern verbunden werden können. Kaufmann sagt, dass Holzbau auch für den wachsenden Renovierungs- und Sanierungsbau geeignet ist. Er war auch an der Entwicklungsarbeit des für die vorgenannten Bereiche anwendbaren TES-Verfahrens beteiligt.
”Vorfertigung ist der Weg zum industriellen Bauen, und dass ist die Chance für Holz. Die Hersteller der Bauteile müssen verstehen, dass diese Entwicklungsarbeit ein Kernpunkt im Durchbruch des Holzbaus ist. Die Wettbewerbsfähigkeit des Holzbaus und der eigentliche Vorteil bestehen in den Eigenschaften Zügigkeit und Leichtigkeit, die weiter entwickelt und über die mehr Erfahrungen gesammelt werden müssen. Wir befinden uns noch in den Anfängen dieser Denkweise“, fasst Kaufmann zusammen.
Laut Kaufmann muss man in der Bauindustrie zukünftig mehr emissionsarme und erneuerbare Baumaterialien verwenden. ”Die Betonindustrie hat Angst vor diesem Wandel und wünscht, dass im Holzbau Fehler gemacht werden. Wenn sie vernünftig und clever wäre, würde sie mit der Holzbauindustrie zusammenarbeiten, weil Häuser selten nur aus Holz oder nur aus Beton gebaut werden. Wir haben mit dem im österreichischen Dornbirn gebauten Life Cycle Tower bewiesen, wie gut Holz und Beton effektiv im industriellen Bauen verbunden werden können. Meine Botschaft an euch ist, dass sich Zusammenarbeit lohnt“, betont Kaufmann.
Holzbau hilft dem Klima
Kaufmann ist davon überzeugt, das energieeffiziente Materiale in den nächsten Jahren eine echte Alternative werden. ”Jetzt hat man deutlich angefangen, über die Vorraussetzungen des Bauens der Zukunft zu reden, das stärker durch Gesetze gesteuert werden wird. Schon jetzt haben die Energieeffizienzrichtlinien im Baufach den Einfluss, dass ökologische Materialen bevorzugt werden“, sagt Kaufmann.
”Die Einstellung der Verbraucher ist im Umbruch. Für Holzbau sprechen bei uns in Österreich viele Faktoren“, erzählt Kaufmann. ”Holz ist ein ästhetisches, ökologisches und lokales Material, aus dem lokale Bauunternehmen hochwertige Häuser herstellen. Die Verwendung von Holz im Baufach hat bei uns eine starke Tradition, die wir aufrechterhalten wollen, weil sie auch die regionale Wirtschaft verstärkt.“
Kaufmann schätzt, dass Klimaschutzmassnahmen und die Verminderung des CO2-Fussabdrucks dabei helfen werden, dass Holzbau wieder einen Boom erreicht. Die Förderung des Holzbaus ist eine bedeutende Klimaschutzmassnahme, und die Verwendung von Holz im Baufach ist eine bedeutende Verbesserung im Vergleich zum Bauen mit hohen Emissionen. Obwohl wir die Emissionsprobleme der Bauindustrie kennen, wird mehr Wissen über die Möglichkeiten von Holz als Baumaterial der Zukunft benötigt, damit die Ziele erreicht werden können.“
Artikel-Service von Puuinfo / Markku Laukkanen
Zusätzliche Informationen: Hermann Kaufmann, Professor, +43 (0)5572 581740, office@hermann-kaufmann.at
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